Kölner sind auch nur Menschen

Bevor Guido im August 2017 den Bonner Filmchor ins Leben gerufen hat, hat er bereits seit fast zehn Jahren den von ihm gegründeten Filmhaus Chor in Köln geleitet (und macht dies immer noch). Wir sind also quasi die kleine Schwester von den Kölnern. Und wenn man sich die Videos des Filmhaus Chores anschaut (oder eines der Konzerte besucht), sitzt man mit offenem Mund vor dem Computer (oder im Publikum) und kann nur noch eines denken: WOW. Und nochmals wow. Wir Bonnerinnen schauen zu diesen Kölner Göttern auf. In Ehrfurcht erstarrt. Und wenn wir mal groß sind, wollen wir auch so singen können.

Aber auch in Köln gibt es Grippeviren und so kommt es wie es kommen musste: für das Konzert Ende April im Kulturzentrum Hardtberg sind zu viele aus Köln erkrankt und es bleiben nur zwei Möglichkeiten: das Konzert abzusagen oder die kleine Schwester um Hilfe zu bitten. Und so fragt uns Guido, ob wir Lust haben, den Filmhaus Chor bei dessen Konzert in Bonn zu unterstützen. Wir? Die wir uns noch kein Jahr kennen? Wir, die wir gerade mal sechs Lieder auf die Bühne gebracht haben? Wir, mit den Kölnern zusammen? In einem Konzert? Tjaaaaaa, puh. Wir diskutieren lange darüber, ob wir uns das zutrauen. Ob wir nicht untergehen, neben diesen Kölnern. Schließlich haben sie neun Jahre Erfahrung. Wir keine neun Monate. Wir machen eine Bestandsaufnahme: wer hat an dem Tag überhaupt Zeit? Bei welchen Liedern sind die Stimmgruppen ausgewogen? Wer könnte noch umlernen? Schließlich wagen wir es und sagen zu.

Die folgenden Proben sind anspruchsvoll. Und fruchtbar. Wir wollen uns ja nicht blamieren. Weder vor dem Publikum. Noch vor den Kölnern. Und dann kommt der Tag. Der Tag des Konzertes. Unser erstes Treffen mit den Kölnern. Den Göttern persönlich. Bereits um 14 Uhr treffen wir uns am Veranstaltungsort. Beim gemeinsamen Einsingen lernen wir unsere große Schwester kennen. Und unsere große Schwester uns. Und dann geht es an den Feinschliff, die Kölner fangen an: Guido gibt die Töne. Er gibt den Einsatz. Die Kölner singen los. Ein, zwei Töne. Dann winkt Guido ab. Irgendetwas stimmte da nicht. Das ist nicht schlimm und das passiert uns auch häufiger. Aber es ist der Moment in dem uns Bonnerinnen die Erkenntnis trifft: diese Kölner sind auch nur Menschen. Menschen, die hart arbeiten, um großartig Singen zu können. Und auch bei diesen Menschen klappt nicht immer alles. Zumindest nicht in den Proben.

Der Rest des Abends ist schnell erzählt: es war großartig. Die Kölner waren großartig. Und auch wir waren für unsere neun Monate großartig. Natürlich gibt es zwischen uns und unserer großen Schwester qualitative Unterschiede. Vor uns liegen noch eine Menge Arbeit und eine Menge Spaß, um dieses Niveau zu erreichen. Der Respekt gegenüber den Kölnern ist geblieben. Die Ehrfurcht aber, die haben wir in Duisdorf zurückgelassen.

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